Blick in die Provinz: Rothenfels (Bayern)

Rothenfels (Wikipedia) ist eine Stadt im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart und ist mit ihren 370 Einwohnern die kleinste Stadt Bayerns. Sie liegt ziemlich idyllisch, aber auch recht schattig am rechten Ufer des Mains.

So wie die Stadt ist auch die Provinz merkwürdig mit Projektionen aufgeladen. Adorno meinte einst, dass die Bildung zur Mündigkeit notwendigerweise mit Urbanität zusammenhängt. Denn die Beschränkung von Bildung durch Provinzialität schränke zugleich die Möglichkeit von Emanzipation ein. Es existiert also eine Verachtung des Provinziellen, beispielsweise eine arrogante Sicht auf die vermeintlich tölpelhafte und ungebildete Landbevölkerung. Diese verachtet die Städter direkt zurück, denn sie lebten auf Kosten der harten Arbeit auf dem Land. Zudem herrschten in den Städten Dekadenz und Sittenverfall. Gleichzeitig schwingt sich eine Verherrlichung des Provinziellen auf. Das angeblich echte und ehrliche Leben auf dem Land abseits von Stau, Dreck, Stress und Reizüberflutung wird romantisiert, so wie auch die Freiheit der Stadtluft, die Selbstverwirklichung, die Bohème, die Partys und coolen Kieze in der Stadt glorifiziert werden.

Die Wahrheit über das Leben in den jeweiligen Orten liegt vermutlich irgendwo dazwischen und orientiert sich auch an persönlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen. Auch verwischen die Grenzen durch den Fluch und Segen der zeitgenössischen digitalen Kommunikation. Ich möchte nach den Jahren des Urbanismus nun immer mal wieder Blicke in die Provinz wagen. Vielleicht ist Provinzialismus der neue Urbanismus.

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