Wie man OZ wird

Wie man OZ wird

Es ist über ein Jahr her, dass Hamburgs renommiertester Straßenkünstler ums Leben gekommen ist. Merklich weniger Smileys gibt es in der Stadt deswegen nicht. Sie halten sich ganz gut im Stadtbild und auch der Mythos um OZ ebbt nicht ab. Er hat sich nachhaltig in die Seele der Hansestadt gesprayt. Nun schenkte Madame Bratpfanne mir jüngst ein Buch mit dem Titel: Free OZ!: Streetart zwischen Revolte, Repression und Kommerz (Amazon Werbelink). Der kleine Wälzer liest sich etwas zäh und akademisiert, schafft es jedoch die Kunst in dem Lebenswerk von OZ zu erkennen. Neben den vielen Smileys und Spiralen sind auch Arbeiten auf Leinwand entstanden, die auch schon ausgestellt wurden.

Interessant ist aber ein ganz anderer Umstand, der einleitend im biografischen Teil des Buches dargelegt wird. OZ ist ein Produkt unserer Gesellschaft. Er rebellierte gegen die Repression und Stigmatisierung, die ihm vor allem durch eine konservative Medienöffentlichkeit (unter anderem die Bildzeitung) entgegen gebracht wurde, die teilweise jubelnd berichtete, wenn OZ wieder mal auf der Anklagebank saß und als „Schmierfink“ (allein das Wort) verurteilt wurde. Auf Verständnis stieß er maximal in Szenekreisen, aus denen auch seine Idee zum Sprayen kam. Die Ausdauer wurde ihm jedoch viel früher antrainiert. OZ verbrachte fast seine ganze Kindheit und Jugend in einem katholischen Internat mit fragwürdigen pädagogischen Maßnahmen. Bei Strafen musste er hunderte Male die selben Wörter in Hefte und auf Tafeln schreiben. Er hat mit dieser Stumpfen Arbeit schon früh viel Zeit verbracht. Für ihn war es nun später im Leben nur die logische Konsequenz auf Repression mit repetitiven Handlungen zu antworten. Den ganzen starken Gegenwind, den er in seinem Leben aushalten musste, hat er schließlich in tausende von Smileys verwandelt und in der ganzen Stadt verteilt. Das führte zur mehr Gegenwind, was für zusätzlichen Antrieb in ihm sorgte, und so weiter und so fort.

Man muss die Smileys und Kringel nicht schön finden, auch muss man sich schon etwas verrenken, um die Kunst in dem Werk zu erkennen. Aber was die ganze Arbeit auszeichnet ist eine unumstößliche Haltung und der Mut, dem Establishment nicht nach der Pfeife zu tanzen.

Hamburg Smiley OZ

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